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Ich war genauso erstaunt wie du, das kannst du mir glauben. Dass sie obendrein
ausgerechnet Kelsey fragt & wenn man bedenkt, was zwischen ihrem Mann und Donna
gelaufen ist, sollte man eigentlich meinen, sie würde einen großen Bogen um alles
machen, was Warren heißt.
Warte mal, was hast du da gerade gesagt? Boyd und Donna hatten eine Affäre?
Ja. Aber das war nichts Ernstes. Er vergöttert Sylvia, hat er schon immer getan. Bis
auf diesen einen Ausrutscher am Anfang ihrer Ehe ist er ihr all die Jahre treu geblieben ,
sagte Stu. Sie soll damals gedroht haben, ihn zu verlassen. Er ließ Donna fallen wie eine
heiße Kartoffel. Irgendwie hat er Sylvia dazu gebracht, ihm zu verzeihen, Donna
verschwand aus Grant s Forge, und alles war vergessen.
Mitch bezweifelte, dass es so einfach gewesen war. Eine Frau von Sylvias Format hatte
sicher schwer daran zu knabbern gehabt, dass jemand wie Donna Warren ihr Konkurrenz
machte.
Kelsey sah ihrer Mutter zum Verwechseln ähnlich. Allein das musste doch schmerzliche
Erinnerungen in Sylvia wachrufen. Und Mitch wusste aus eigener Erfahrung, Frauen
hatten ein erstaunliches Gedächtnis, was alte Verletzungen anging, auch wenn sie noch
so nichtig waren.
Ach, übrigens , sagte Stu. Kelsey hat vor, den Sommer über hier zu bleiben.
Was?
Sie bleibt den Sommer über hier , wiederholte Stu. Sieht so aus, als wohnt sie erst
mal bei mir, bis sie was anderes gefunden hat.
Mitchs Herz zog sich zusammen. Dies war ihre Art, ihnen eine zweite Chance zu geben.
Vorsichtig, mit Netz und doppeltem Boden zwar, aber das war besser als gar nichts.
Ich werde mal rausfahren und nach ihr sehen , sagte er.
Sie müsste in spätestens zwei Stunden wieder hier sein.
In zwei Stunden konnte viel passieren. Zu viel.
Nein, ich fahre hin.
14. KAPITEL
Für einen kurzen Moment schien Kelseys Verstand sich einfach zu weigern, das, was
geschah, als Realität anzuerkennen. Es war fast so, als würde vor ihren Augen ein Film
ablaufen. Sie bräuchte nur den Kanal zu wechseln, und die schreckliche, unwirkliche
Szene würde verschwinden.
Aber es gab keinen Umschaltknopf. Das hier passierte tatsächlich.
Sie musste ihre Stimme ruhig klingen lassen, nur keine Angst zeigen, das war jetzt das
Wichtigste.
Sylvia, ich verstehe nicht.
Du solltest dir was Neues einfallen lassen. Du glaubst doch nicht etwa, ich nehme dir
die Nummer mit dem blonden Dummchen noch immer ab, Donna?
Ich bin nicht Donna. Ich bin Kelsey.
Ein schwaches Lächeln zuckte um Sylvias Mundwinkel. Sie schüttelte den Kopf, als
wolle sie ihre Gedanken ordnen.
Richtig.
Donna ist tot.
Ich weiß, dass du tot bist. Schließlich habe ich dich eigenhändig aus dem Weg
geräumt. Aber du bist zurückgekommen. Immer wieder und wieder.
Eine Welle von Panik ergriff Kelsey.
Mrs Randall hatte den Verstand verloren.
Sie haben sie umgebracht , keuchte sie schockiert. Wieso?
Versuch nicht, mich für dumm zu verkaufen. Sylvia fuchtelte drohend mit der Waffe
vor Kelseys Gesicht herum. Du hast meinen Mann verführt, du kleines Miststück. Aber
das reichte dir noch nicht. Dann musstest du mir auch noch mein Baby wegnehmen.
Welches Baby?
Einen Augenblick lang starrte Sylvia sie einfach nur an, als wäre sie weit fort, in ihrer
eigenen Welt. War das schon die Gelegenheit, auf die Kelsey gewartet hatte, um das Blatt
zu wenden? Gerade als sie sich bewegen wollte, kam Sylvia wieder zu sich. Ihre Augen
waren plötzlich klar, und sie sah Kelsey mitleidig an.
Oh, mein Gott. Deine Mutter hat es dir nie erzählt, nicht wahr?
Erzählt? Was erzählt?
Boyd und ich hatten vor, dich zu adoptieren. Wir wollten dir ein richtiges Zuhause
geben, all das hier. Sie streckte die Hand aus und machte eine ausladende Geste. Es
war unser größter Wunsch, dich zu lieben und großzuziehen, als wärst du unser eigenes
Kind.
Nein, das konnte nicht sein. Sylvia war verrückt, sie redete wirres Zeug. Oder?
Kelsey wusste in ihrem Herzen, dass es stimmte. Donna hatte sie weggeben wollen. Zu
den Randalls.
Dieser Anwalt in Richmond. Sie hatte ihn offenbar beauftragt, das Adoptionsverfahren
für sie zu übernehmen. Der Brief. Sehr geehrte Miss Warren, ich freue mich, Ihnen
mitteilen zu können &
Das habe ich nicht gewusst.
Wir hatten schon alles vorbereitet. Sylvia stieß einen traurigen Seufzer aus. Ich hatte
ein wunderschönes Kinderzimmer für dich hergerichtet. Mit sonnengelben Wänden und
weißen Schäfchenwolken. Deine Wiege haben wir extra in Italien anfertigen lassen.
Aber wenn alles geregelt war, warum ist es dann doch nicht dazu gekommen?
Insgeheim hoffte Kelsey, Donna hätte sich damals im letzten Moment anders entschieden
und die Adoption abgelehnt.
Deine Mutter konnte den Hals nicht voll genug bekommen, das ist passiert.
Sie hat Geld für mich verlangt?
Natürlich. Und wir waren auch bereit, ihr eine ansehnliche Summe zu bezahlen. Ich
wollte dich so sehr, ich hätte ihr alles gegeben, nur um dich zu haben. Eine Träne rann
Sylvias Wange hinab. Aber ein paar Tage vor dem Geburtstermin ging Donna zu dem
Anwalt, der die Adoption abwickeln sollte. Plötzlich war ihr der Betrag, den wir ausgemacht
hatten, zu wenig, und sie forderte das Doppelte.
Kelsey ahnte, was als Nächstes geschehen war, aber sie wollte es von Sylvia hören.
Und dann?
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